20
September
2012

Business Process Management

oder wie kann die Optimierung der Prozess- und IT-Landschaft im Unternehmen nachhaltig gestärkt werden?

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1. Einleitung

Reduktion auf das „Wesentliche“ ist eine der wertvollsten Stärken der Menschen. Sie hilft uns, aus im Gehirn gespeicherten Erfahrungen schnell Entscheidungen zu treffen, ohne eine vollständige Problemanalyse vorzunehmen und alle Systemelemente in die Überlegung einzubeziehen. Diese Fähigkeit der „Systemreduktion“ hat vielen Menschen schon geholfen, war vielleicht sogar schon lebensrettend. Hinderlich kann sie in vielen Fällen beim Managen von Unternehmensentscheidungen sein, und zwar immer dann, wenn sie zu einer besonderen Perfektion verfeinert wurde und grundsätzlich zum Einsatz kommt.

Muster erkennen und Schubladisieren wird so etwas genannt. Das trifft insbesondere auch auf das Buzzword „BPM“ zu. Einmal erwähnt, wird bei dem Gesprächspartner sofort die „Schubladisierung“ in Gang gesetzt. Das Umfeld wird sofort gedanklich reduziert, und zwar auf das, was der Gesprächspartner unter BPM versteht. „Wir haben kein Liquiditätsproblem“,  hat mir kürzlich ein Geschäftsführer am Telefon auf unser Angebot, BPM durchführen zu können, gesagt. Also bitte mit dem Buzzword „BPM“ dem Gegenüber keine Chance zur Reduktion geben, sondern gleich von Anfang an den Fokus auf das ganze Unternehmen lenken und nicht nur auf einen Ausschnitt.

2. Bedrohungen, Ansatzpunkte und Auslegung

Die traditionellen produktorientierten Geschäftsmodelle in Verbindung mit funktionaler Aufbauorganisation geraten immer mehr unter Druck. Der „Kunde“ steht immer mehr im Mittelpunkt des Geschehens und die Pflege von Kundenbeziehungen gewinnt an Bedeutung. Exzellente interne Geschäftsprozesse werden immer wichtiger, um außergewöhnliche Kundenerfahrungen zu ermöglichen. Die Förderung und Bindung von Talenten wird schwieriger, Mobilität und Zusammenarbeit am Arbeitsplatz gewinnen an Bedeutung. Die Rollen und Aufgaben der IT und der Geschäftsbereiche vermischen sich zunehmend. Der stetig zunehmende Wettbewerb und steigende regulatorische Anforderungen erfordern mehr Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Daraus folgt, dass die prozessorientierte Unternehmenssteuerung zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, in Bezug auf:

  • Kundenorientierung; im Mittelpunkt steht nicht das Produkt, sondern die Erfüllung von Kundenwünschen.
  • Prozessuale Ausrichtung der Aufbauorganisation; isolierte und teilweise teure Parallelprozesse werden durch funktionsübergreifende Prozesskompetenz ersetzt / ergänzt.
  • Flexibilisierung; unflexible und schwer änderbare Prozesse werden durch dynamische, mit technischen Abläufen integrierte und dadurch einfacher anzupassende Prozesse abgelöst.
In diesem Kontext stärkt BPM die Prozessorientierung des Unternehmens – ganzheitlich und nachhaltig …
  • als Ansatz zur Identifikation, Dokumentation, Optimierung und Steuerung von Geschäftsprozessen,
  • als Hilfsmittel, um kontinuierlich Optimierungspotenzial zu identifizieren, Prozessstandardisierung zu realisieren und um Harmonisierungs- und IT-Konsolidierungsmaßnahmen zu unterstützen,
  • als Treiber zur Verbesserung der Effektivität und Effizienz von Geschäftsprozessen und der Ausrichtung der IT auf die Fachbereiche durch integrierte Betrachtung von prozessualen und technischen Abläufen,
  • Auslöser zur Stärkung der Kunden- und Service-Orientierung mittels Erhöhung der Agilität bei Anpassungsbedarfen.
3. Was erwarten die Unternehmen von BPM?

Eine durchgeführte Studie1 im Finanz- und Industriesektor in Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt, dass 90 % der befragten Unternehmen erwarten, dass die Bedeutung von BPM bis 2015 zunehmen wird. Die Zeiten einmaliger und selektiver Prozessoptimierungsprojekte sind vorbei. Die Unternehmen verfolgen eine nachhaltige, ganzheitliche Verankerung von Geschäftsprozessmanagement im Unternehmen. Dementsprechend gestalten sich auch die Top-Nennungen der Unternehmen:

1. Top 3-BPM-Ziele sind Steigerung der Effizienz (93 %), Erhöhung der Transparenz (90 %) sowie das Heben von Standardisierungspotenzialen (85 %):

  • Mit der Einführung von BPM werden sichtbare Veränderungen angestrebt, die messbar sind und wesentliche Auswirkungen auf Unternehmensabläufe und -kultur haben.

2. Aufgrund verschiedener Geschäftsmodelle adressieren Industrie und Finanzsektor unterschiedliche Prozesse mit BPM:

  • Das BPM-Prozessmodell richtet sich am Geschäftsmodell des Unternehmens aus. Kernprozesse und übergreifende Unterstützungsprozesse, die für mehrere Geschäftseinheiten nahezu gleichartig ablaufen, stehen im Fokus.

3. Mehr als die Hälfte der Unternehmen (59 %) wählt eine nachhaltige Vorgehensweise bei der Optimierung von Geschäftsprozessen:

  • Nachhaltigkeit spielt bei der Anwendung von Prozessoptimierungsmethoden bereits eine wichtige Rolle.

Zweifellos ist ein aktuelles BPM für die Erreichung vieler Ziele der Unternehmen die Ausgangsbasis schlechthin. Aber ein BPM einfach auf den vorgefundenen IST-Zustand aufpflanzen heißt, Potenzial zu verschenken. Deshalb muss im Gleichgang zur Gestaltung des BPM eine Prozessoptimierung durchgeführt werden. 

4. Wichtigkeit von „effektivem BPM“

Wenn BPM für die Unternehmen wichtig ist, stellt sich die Frage, warum relativ wenige Betriebe bislang den Mut haben, den Schritt zur nachhaltigen BPM-Strategie zu wagen? Befürchtet werden insbesondere ein zu hoher Dokumentationsaufwand, mangelnde Verfügbarkeit von Ressourcen, eine unzureichende Verankerung mit der Unternehmensstrategie und fehlendes Sponsoring / Mandat. Einige Unternehmen haben auch den Schritt mit BPM wieder rückgängig gemacht, da sie der Mut verlassen hat bzw. die Skeptiker im Unternehmen sich mit der Befürchtung durchgesetzt haben, dass funktionale Hierarchien an Einfluss verlieren könnten, wenn die Prozessausrichtung zunimmt. Und da gibt es ja auch noch die „Schubladisierung“ mit der Aussage: Das haben wir alles schon mal probiert, das hat noch nie funktioniert.

Zugegeben, BPM-Lösungen mit an traditionellen Top-Down-Vorgehensweisen gekoppelter Realisierung dauern oft zwei Jahre und können mal schnell mehrere hunderttausend Euro verschlingen. Mit modernen Lösungsansätzen kann ein Unternehmen schneller, besser und preiswerter Nutzen aus BPM ziehen, sozusagen „Honig saugen“. Entscheidend für den Erfolg sind dabei nicht in erster Linie die ausführbaren Prozesse, die aus Prozesslandkarten step by step entwickelt werden, sondern die zur Verfügung gestellten Informationen für das Management in Echtzeit wie z. B.:

  • Übersicht, welche Abteilungen gerade woran arbeiten,
  • Transparenz, wie die Abteilungen das machen,
  • Nachverfolgbarkeit, Archivierung und Statistik von beendeten Prozessen und jeder einzelnen Aufgabe daraus.

In erster Linie geht es darum, kundenbezogene Kernprozesse sehr schnell „wertorientiert“ zu gestalten. Dabei gilt die Aussage: „Ist der Kunde bereit, für eine Leistung Geld auszugeben – wenn ja, wie viel?“

5. Kritische Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen

BPMFür ein erfolgreiches BPM sind Top Management Sponsoring gekoppelt mit der Verknüpfung von Unternehmens- und IT-Strategie die wichtigsten Erfolgsfaktoren schlechthin. Diesbezüglich erhöht die genannte Vorgehensweise die Chancen, das BPM-Projekt tatsächlich erfolgreich zu Ende zu führen. Absolut ratsam ist die Entwicklung eines Business Cases für BPM, der Aussagen zur Abschätzung erster Kosten- und Synergiepotenziale enthält. Damit lässt sich auch das Top-Management leichter für ein Sponsoring begeistern. Auch hier gilt die Erfahrungsregel: klein anfangen, groß rauskommen.

1 Quelle: 2012 BearingPoint Business Process Management-Studie. 2012

Geschrieben von Robert Maas Kategorie Unternehmensführung

Über den Autor

Robert Maas

Robert Maas

In über 35 Jahren zwischen Studium und Gründung der POLYGON Business Engineers arbeitete Robert Maas in Top-Funktionen der Unternehmensberatung.

Die Stationen waren:
  • Industrielle Beratung in der Automobilmontage und bei Zulieferern
  • Informations- und Kommunikationsberatung
  • Organisationsberatung bei Banken und Versicherungen
Die Schwerpunkte seiner Erfahrung sind:
  • Projekt- und Veränderungsmanagement
  • Werteoptimierung und Prozessdesign
  • Komplexitätsmanagement und Product Lifecycle Management
  • Fachkonzeptionen und IT-Bebauungsplanung
  • Portfolio- und Veränderungsmanagement
  • Management komplexer Projekte
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Robert Maas
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