05
März
2012

Wissensvorsprung als Wettbewerbsvorteil

In unserer wissensbasierten Wirtschaft, die industrielle Produktionsprozesse zunehmend verlagert hat und deren Rationalisierungspotenziale weitgehend ausgeschöpft sind, wird der Wissensvorsprung zum entscheidenden Vorteil im Wettbewerb.

Rosa Maria Schnurr Wissen Sie, was Ihr Unternehmen weiß? Die Bilanzierung der Wissens-Ressourcen ist die fundierte Entscheidungsgrundlage zur Organisationsentwicklung, Wissen ist einer der wichtigsten Rohstoffe des 21. Jahrhunderts. Erfolgskritischer als materielle Ressourcen sind für die Wertschöpfung die sogenannten "weichen", immateriellen Produktionsfaktoren – das intellektuelle Kapital eines Unternehmens:

 

  • Die Fertigkeiten und das Verhalten der Mitarbeiter, beispielsweise ihre Fach- und Führungskompetenzen, ihre Berufs- und Lebenserfahrung, die Motivation und die soziale Kompetenz im Umgang mit sich selbst und anderen – all das sind wichtige Bestandteile des intellektuellen Kapitals eines Unternehmens. Leider nimmt ein Mitarbeiter diesen Schatz beim Verlassen der Organisation mit!  
  • Das Strukturkapital eines Unternehmens umfasst alle Voraussetzungen, die es ermöglichen, produktiv und innovativ zu sein. Hier sind insbesondere folgende Einflussfaktoren von Bedeutung: Führungsprozesse und -Instrumente, die Unternehmenskultur als Gesamtheit der gelebten Werte, die Gestaltungsspielräume, Strukturen zur Organisation, Kommunikation und Kooperation, die vorhandene IT-Infrastruktur und das dokumentierte Wissen, der Wissenstransfer und die Wissenssicherung.  
  • Die Gesamtheit aller notwendigen Außenbeziehungen einer Organisation, das Beziehungskapital, wird durch folgende Faktoren beeinflusst: Kunden- und Lieferantenbeziehungen, Beziehungen zu Kapitalgebern, Investoren, Eignern, Banken, Multiplikatoren, Netzwerken, Kooperationspartnern und Öffentlichkeit. 

Um dieses intellektuelle Kapital gezielt zu beeinflussen und zukunftsgerichtet zu steuern, muss ein Unternehmen die Einflussfaktoren zunächst identifizieren und bewerten. In einer finanziellen Bilanz ist das kaum möglich, denn diese Faktoren lassen sich nicht in Euro und Cent bewerten. Für Transparenz sorgt hier als geeignetes Werkzeug ein frei erhältliches (vom Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin entwickeltes) IT-Tool, die "Wissensbilanz – made in Germany". Mit dieser Methode lässt sich das schwer zu fassende, aber unverzichtbare immaterielle Vermögen systematisch darstellen und bewerten.

Dabei übernimmt ein hierarchie- und bereichsübergreifend zusammengesetztes Wissensbilanzteam die inhaltliche Verantwortung und erstellt in wenigen Workshop-Tagen unter Anleitung eines Moderators die Bilanz. Bei der Bilanzierung werden Strategien und Ziele verständlich und die Unternehmensprozesse transparent. Der Wissensschatz des Unternehmens wird sichtbar, ein Stärken-Schwächen-Profil zeigt schnell die Ausgangsbasis und den Handlungsbedarf zur gezielten (Weiter)-Entwicklung der einzelnen Bereiche. Dabei werden die Wechselwirkungen der erfolgskritischen Einflussfaktoren untereinander berücksichtigt und ein Maßnahmenplan entwickelt, der sich auf die wirkungsvollsten Hebel und die Stellschrauben mit den größten Veränderungspotenzialen konzentriert.

Neben der Voraussetzung, Zeit und Ressourcen für die Erstellung einer Wissensbilanz aufzuwenden, ist die Bereitschaft unverzichtbar, im Wissensbilanzteam über unterschiedliche Bereiche hinweg Stärken und Schwächen zu diskutieren. Kontrovers-konstruktive Diskussionen sind durchaus sinnvoll und notwendig, als Gesprächshelfer unterstützt deshalb ein neutraler Moderator die Arbeitsgruppe.

Eine Wissensbilanz ist immer ein Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Anlässe, in die Zukunft zu schauen, können vielfältig sein: Neustart, Expansion, strategische Neuausrichtung, Optimierungsnotwendigkeit bei Geschäftsprozessen und Kommunikation oder auch die Regelung der Unternehmensnachfolge und ein anstehender Generationswechsel können Grund sein, das Wissensvermögen eines Unternehmens genauer zu betrachten. Daneben lässt sich mit einer Wissensbilanz in der Beziehung zu Banken und Investoren auch die finanzielle Rechnungslegung wirkungsvoll ergänzen und für die Öffentlichkeitsarbeit und in der Beziehung zu Kunden und Lieferanten stellt die Wissensbilanz ein effizientes Kommunikationsinstrument dar.

Geschrieben von Rosa Maria Schnurr Kategorie Unternehmensführung

Über den Autor

Rosa Maria Schnurr

Rosa Maria Schnurr

war spezialisierte Beraterin für Organisationsentwicklung und Prozessorganisation. Nach beruflichen Stationen im Banken- und Verlagsbereich unterstützt sie seit 20 Jahren Unternehmen und Organisationen bei der Optimierung von administrativen Prozessen. Als Moderatorin war sie Gesprächshelferin für Arbeitsgruppen und Projektteams (auch bei der Erstellung von Wissensbilanzen) und begleitet Prozesse der Organisations- und Teamentwicklung.

R.I.P.
Mit großer Bestürzung mussten wir erfahren, dass Rosa Maria Schnurr, unsere geschätze Autorin und Kollegin, im Juli 2013 verstorben ist.